
Zusammenfassung: Etwa die Hälfte aller Bluttransfusionen wird heute perioperativ verabreicht. Obwohl die Transfusions- assoziierten Risiken durch aufwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen deutlich reduziert werden konnten, besteht nach wie vor ein Restrisiko für den Empfänger einer Transfusion.
Zudem werden Transfusionsbedarf und -kosten aufgrund des zunehmenden Anteils älterer Patienten sowie einer abnehmenden Spendebereitschaft in der Bevölkerung in Zukunft deutlich ansteigen. Vor diesem Hintergrund sollte die Transfusion von Fremdblut (allogene oder homologe Transfusion) bei operativen Eingriffen auf ein Mindestmaß reduziert werden. Voraussetzung hierfür ist die rationale Indikationsstellung zur Transfusion. Therapeutisches Ziel der Erythrozytentransfusion ist die Vermeidung und/oder Therapie einer anämischen Hypoxie. Dies erfordert die Kenntnis der Kompensationsmechanismen einer Anämie (Anstieg von Herzzeitvolumen und Gewebe-Sauerstoffextraktion, Homogenisierung des mikrovaskulären Blutflusses) sowie der Faktoren, die diese Kompensation beeinflussen (z.B. KHK, Herzinsuffizienz, Narkose, Hypothermie, Hyperoxie). Klinische Symptome, die auf eine akute anämische Hypoxie hinweisen, werden als „physiologische Transfusionstrigger“ bezeichnet. Ihr Auftreten indiziert immer eine Erythrozytentransfusion. Im hämorrhagischen Schock und bei anhaltendem hohem Blutverlust müssen Erythrozyten häufig vorausschauend und daher vor dem Auftreten physiologischer Transfusionstrigger transfundiert werden. Bei jungen, gesunden Erwachsenen kann – Normovolämie vorausgesetzt – eine Hämoglobinkonzentration von 6 g/dl und in Ausnahmefällen auch darunter ohne Transfusion toleriert werden. Kinder und Schwangere kompensieren eine Anämie ebenfalls gut. Stabile kardiovaskuläre Risikopatienten sollten bei Hämoglobinkonzentrationen von 8 - 10 g/dl transfundiert werden. Unter Einbeziehung aller (patho-) physiologischer Grundlagen und klinischer Richtlinien muss jedoch auch weiterhin die Indikation zu jeder Transfusion auf der Basis der aktuellen Hämoglobinkonzentration, etwaig vorbestehender Risikofaktoren, der Kompensationsfähigkeit der Anämie sowie der Geschwindigkeit und der Höhe des noch zu erwartenden Blutverlustes individuell gestellt werden.