
Zusammenfassung: Die präoperative autologe (= Eigen-) Blutspende (PAB) kann in Einzelfällen eine adäquate Lösung für solche Patienten darstellen, die vor einem Elektiveingriff stehen, bei dem mit mindestens 10%iger Wahrscheinlichkeit eine Bluttransfusion notwendig werden wird, und bei denen eine Vorsensibilisierung gegen erythrozytäre Antigene besteht oder aber aufgrund zum Beispiel eines differenten ethnischen Hintergrunds eine solche Sensibilisierung befürchtet werden muss.
In einigen dieser Fälle kann die Versorgung mit Fremdblutkonserven schwierig bis fast unmöglich sein und somit PAB die beste Lösung darstellen. In akuten Engpass-Situationen für Fremdblut, welche eine Verschiebung oder Verzögerung eines Elektiveingriffs zur Folge hätte, kann Eigenblut ebenso ein gangbarer Alternativweg sein wie im Falle von überängstlichen Patienten, deren irrationaler Furcht vor Fremdblut-Transfusionen im Einzelfall nicht begegnet werden kann. Auch in den genannten Fällen muss der Patient aber die Auswahlkriterien für Eigenblutspender erfüllen. Die Indikation muss insgesamt streng gestellt und die Vorteile gegen die Nachteile sowie etwaige Kontraindikationen des Patienten zur Eigenblutspende in einer individuellen Nutzen-Risiko-Analyse zusammen mit dem Patienten kritisch abgewogen werden. Diese genannten Fälle sind insgesamt aber selten. Viele Patienten kommen aufgrund ihrer Vorerkrankungen, Begleitmedikation oder präoperativ durchgeführten Voruntersuchungen für eine Eigenblutspende nicht in Frage. Für die autologe Hämotherapie muss unserer Meinung nach eine sehr strenge Indikationsstellung erfolgen, da hohe Kosten, hohe Verwurfraten, die Risiken für den Eigenblutspender durch den Spendevorgang und eine komplexe Logistik für Patient und Krankenhäuser im Normalfall nur sehr geringen Vorteilen gegenüberstehen, was sich in immensen Kosten pro QALY (= quality adjusted life year (gained); gewonnenes Qualitäts-adjustiertes Lebensjahr) für die autologe Hämotherapie, also der Gewinnung und Transfusion von Eigenblut-Präparaten, ausdrückt. Im Übrigen kann Eigenblut nur wenig zur Sicherung einer ausreichenden Blutversorgung beitragen. Eigenblut muss unter denselben strengen Kautelen wie Fremdblut entnommen, hergestellt, gelagert, angewendet und im Gesamtprozess dokumentiert werden. Es sei in diesem Zusammenhang speziell auf eine korrekte und ausreichende Beschriftung, Dokumentation und Lagerung der Eigenblutpräparate analog der Vorgehensweise bei Fremdblutkonserven hingewiesen. Spenden mit positiven Infektionsmarkern sollten bis auf begründete, notwendige Einzelfälle nicht gelagert oder gar angewendet, sondern vernichtet werden. PAB in fehlerfreier Anwendung, die in der Realität nicht vorkommt, würde die Infektionsrisiken durch bekannte und unbekannte Pathogene mit Ausnahme der Bakterien reduzieren. Das Risiko einer Prioneninfektion durch Fremdblut wird im Moment, verglichen mit den ungleich größeren Risiken der Verwechslung oder der bakteriellen Kontamination, als gering, wenn auch nicht vernachlässigbar, eingeschätzt. Diese Einschätzung könnte sich aber im Laufe der kommenden Jahre bei eventuell steigendem Risiko einer Erkrankung an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (vCJD) ändern. Im Moment scheint vCJD aus infektionsepidemiologischer Sicht durch Bluttransfusionen nicht signifikant in der Bevölkerung perpetuiert werden zu können. In „Real-life“-Situationen scheint das Risiko für Verwechslungen, AB0-inkompatible Transfusionen und die Übertragung der transfusionsrelevanten Viren HBV, HCV und HIV für PAB nicht geringer zu sein als für Fremdblut. PAB reduziert das Risiko der Alloimmunisierung gegen erythrozytäre Antigene und hat hier seine Bedeutung. Auf der anderen Seite erhöht die Eigenblutspende das Risiko für den Spender bei der Spende und danach. Die Verwurfrate und die Kosten für ein autologes Hämotherapie-Programm sind enorm, die Vorteile – Einzelfälle ausgenommen – bei unkritischer Anwendung minimal. Eigenblut scheint aufgrund der Spender-Charakteristik – ältere Patienten mit Vorerkrankungen und Begleitmedikation – und der verlängerten Lagerungsdauer eine geringere Qualität sowie ein höheres bakterielles Kontaminationsrisiko verglichen mit Fremdblutprodukten zu besitzen. Der Eigenblutspender hat insgesamt ein signifikant erhöhtes Risiko, perioperativ eine Transfusion – sei es Eigen- oder Fremdblut – zu erhalten mit allen – wenn auch geringen – Risiken, die mit einer Transfusion verbunden sein können. Dies ist durch die signifikant geringeren Hämoglobinwerte beim Eigenblutspender präoperativ (sogenannte „iatrogene Anämie“) sowie eventuell durch die fehlerhaft liberalere Transfusionsstrategie beim Eigenblut bedingt. Zum Teil finden sich in Kliniken noch immer fälschlicherweise unterschiedliche Transfusionstrigger bzw. Indikationsstellungen für Fremd- und für Eigenblut. Weiterhin können die hohen Kosten und die hohen Verwurfsraten bei präoperativen Eigenblutspenden in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen im Gesundheitswesen nicht unberücksichtigt bleiben. Eine nicht unerhebliche Anzahl von Patienten, die im Rahmen ihres Elektiveingriffes keine Bluttransfusionen benötigen würden, tritt durch die präoperative autologe Blutspende letztlich in die Transfusionskette ein mit allen damit verbundenen Risken sowohl als Eigenblutspender als auch als Transfusionsempfänger.